Rückblickende Gedanken von Ingrid Weidig, 25.Mai 2019
Genau vor 7 Jahren, am 25. Mai 2012, habe ich diese Fotos im Tierheim der Asociatia GATE in der Kleinstadt Gheorgheni in den Ostkarpaten aufgenommen. Alltagsbilder. Keine dramatische Situation. Die Dramen ereigneten sich meistens nachts, wenn keine Menschen vor Ort waren und die Hunde dann um Rang, Raum, gute Schlafplätze oder um das im Dreck herum liegende Futter kämpften. Näpfe waren Mangelware. Circa einmal die Woche bissen sich Hunde gegenseitig tot, oder rissen ihren Artgenossen Schwänze, Ohren, Pfoten ab. Das grüne Gras und die blühenden Wiesen rund um die Zwinger durften sie nur sehen, nicht darauf herumtoben. Lediglich einige Privilegierte genossen die Freiheit, im Gras zu spielen. Nach welchen Kriterien wurden sie bevorzugt? Leider waren viele der “Privilegierten” gnadenlos an Ketten, angebunden an ihren Hütten. Aber immerhin rückten ihnen die Artgenossen nicht auf den Pelz. War das besser als im Zwinger?
Acht Menschen im Ruhrgebiet und am Niederrhein hatten sich zusammengefunden, um die Initiative Karpatenstreuner und einen gleichnamigen Verein zu gründen, mit dem Ziel sowohl im Tierheim selber die Situation zu verbessern, als auch die in Gheorgheni herumstreunenden Hunde kastrieren zu lassen, damals nach dem Prinzip “neuter and return” (Kastrieren und an die angestammten Plätze zurückbringen). Von diesen acht Menschen sind immer noch fünf im Verein, drei sehr aktiv.
Ist das beständig?
Es sind natürlich im Laufe der Jahre einige neue aktive Mitglieder hinzugekommen, aber wir sind ein sehr kleiner Verein geblieben, weil wir ständig auf neue unvorhersehbare Herausforderungen reagieren mussten, bevor wir überhaupt agieren konnten. Kaum waren wir ein gutes Jahr in Gheorgheni leidlich erfolgreich aktiv, hatten schon drei Kastrationsaktionen für Straßenhunde sowie für Hunde und Katzen von Bewohnern der Stadt organisiert und durchgeführt, wurden wir von einem schweizerischen “Tierschutzverein” regelrecht vertrieben! Dieser gerade neugegründete Verein musste den Politikern der Stadt beweisen, dass er alles viel besser machen kann. Ich habe nie verstanden, warum eigentlich?
Wir haben zusammengehalten, gekämpft und verloren, aber nicht aufgegeben! Ich denke, das hat etwas mit Beständigkeit zu tun.
Gemeinsam haben wir an dem kleinen Ort Ditrău unweit von Gheorgheni etwas komplett Neues aufgebaut, mussten auch dort gegen Widerstände angehen, und wurden immer wieder überrascht von den “Eigenarten” des Geländes, des Hauses, der Nachbarschaft und überhaupt. Aber wir haben beständig weitergebaut und ein Ziel nach dem anderen erreichen können. Immer wieder kamen Menschen dazu, um zu helfen und mitzumachen. Manche gingen ein Stück des Weges mit uns und nach einer gewissen Zeit trennte man sich wieder. Das ist normal. Andere sind gekommen und geblieben. In den letzten zwei Jahren hat sich unser kleiner beständiger Verein erweitert und zu einem guten Team zusammengefügt.
Sieben Jahre sind eine ganz schön lange Zeit, in der ich mehrere Tierschutzvereine erlebt habe, die sich gleichzeitig mit uns gegründet hatten, aber inzwischen aus unterschiedlichsten Gründen aufgeben mussten. Rumänien ist nicht wie Westeuropa und ein “Tierheim in Rumänien ist kein Ponyhof” (Zitat von Kerstin, die uns Anfang Mai zur letzten Kastrationsaktion nach Ditrău begleitet hat).
Beständig agieren
Jetzt haben wir gesehen, dass wir auf dem richtigen Weg sind, dass wir endlich agieren können. Doch es liegt noch eine lange Strecke vor uns. Beständigkeit ist dazu notwendig und Hilfe, denn alleine können wir es nicht schaffen.
Es geht nicht nur um Geld, sondern vor allem auch um Menschen, die Lust haben, mitzumachen, kleinere Aufgaben zu übernehmen und die Beständigkeit der Initiative Karpatenstreuner e.V. zu sichern. Inzwischen sind wir bereit dazu. Wir freuen uns auf weitere “Mitmacher*innen”.
Tausendfachen Dank an alle, die uns bis hierher begleitet haben, die uns weiterhin begleiten und bereit sind, in Zukunft mit an den Erfolgen und zwangsläufig auftretenden Rückschlägen teilzuhaben und sich nicht entmutigen lassen. Wie im “richtigen Leben” gibt es Haupt- und Nebenwege, Aufs und Abs. Das macht es spannend!
Danke auch an alle, die uns in den vergangenen sieben Jahren mit Geld, Sachspenden, ehrlichen und aufbauenden Worten, guten Beziehungen … geholfen haben, Bestand zu haben.