3. Besuch im Tierheim in Gheorgheni

Freitag, 19. Oktober

Morgens um 9.00 Uhr geht es weiter. Nina und Christina kastrieren einen Hund nach dem anderen, zwischendurch auch Katzen, die von Privatmenschen gebracht werden. Vormittags kümmern sich Barbara und Agota um ständigen Patienten-Nachschub, Marta und ich bringen mal wieder Müll zur Sammelstelle, kaufen 84 Sack Futter bei einem Futterhändler und dank Martas perfekten Ungarisch- sowie Deutschkenntnissen vereinbaren wir einen Vertag mit diesem Händler, dass er, wenn wir Geld aus Deutschland schicken, die entsprechende Futtermenge direkt ans Tierheim liefert.

Das ist nun wirklich praktischer als die bisherige Verfahrensweise: Mit einem Taxi zum Kaufland-Supermarkt fahren. Futtersäcke in mehreren Einkaufswagen stapeln. Zur Kasse fahren. Jeden einzelnen Sack auf das Band wuchten. Scannen lassen. Bezahlen. Alle Säcke in den Kofferraum des Taxis laden. Zum Tierheim fahren. Abladen. Sowas gibt es – glaube ich – nur in Rumänien.

Überhaupt habe ich heute wieder einmal das Gefühl in Absurdistan zu sein. Wir wollen noch Material für einen weiteren Aussenzwinger kaufen, denn heute muss dieser kleine Stinkezwinger dran glauben. Das habe ich mir fest vorgenommen. Marta und ich fahren zu einer Bank, um Euros in Lei (RON) umzutauschen, denn die kleinen Firmen haben lieber Cash als EC-Karte. Visa ist sowieso höchst suspekt. Wir fahren also zur Bank, um Geld zu tauschen. Die erste Bank hat keine KASSE: Eine Bank auf der es kein Geld gibt? OK, die nächste Bank. 
Die haben zwar Geld, können aber am Schalter keine Euros in Lei umtauschen. Dafür gibt es einen Automaten, ich will 1.000 € tauschen, denn wir brauchen ja auch noch Geld für Diesel für die Rückfahrt. Eine Bankangestellte geht mit zum Automaten, denn nur sie kann den bedienen. Mit dieser Summe ist der arme Geldautomat jedoch hoffnungslos überfordert, also tauschen wir das Geld in kleineren Päckchen um. Nun sind 1.000 € rund 4.500 RON, und diese spuckt der Automat in 50 RON-Scheinen aus!!!

So habe ich dann mit 90 Geldscheinen ein ziemlich dickes Portemonaie, nur leider gehört mir das Geld ja nicht, und wir geben es auch schnell wieder aus.

Das Futter wird noch am selben Mittag geliefert: Was so viel aussieht, reicht gerade mal 10 Tage!

Auf dem Bild unten kann man mal unsere “Praxis” sehen. Den Namen verdient dieser Raum nicht wirklich, ist der doch zugleich Lagerraum, Umkleide-, Pausen- und Besprechungsraum …. Kurz gesagt, der einzige Raum, der dem Tierheim zur Verfügung steht. Sauber ist auch was anderes, obwohl wir ihn vorher noch stundenlang entmüllt, aufgeräumt und geschrubbt haben.

Noch ein paar visuelle Eindrücke von der Kastration:

Am späten Nachmittag habe ich dann mein zerstörerisches Werk in Angriff genommen und innerhalb von 10 Minuten vollendet. Es ging viel einfacher als befürchtet. Den garstigen Holzverschlag haben Marta und ich dem Erdboden gleichgemacht.

Die Hunde finden die neue Situation interessant, endlich passiert mal was!

Tagebucheintrag am Abend:

Es ist hier viertel vor 10 und wir haben uns gerade ein Abendessen bestellt, nachdem wir den Tag mit 3 Yoghurt und zwei Keksen über die Runden gebracht haben. Begonnen hat’s um 9 Uhr morgens und geendet um 9.00 Uhr abends. Auch heute wurden wieder hunderte von Welpen verhindert, sowohl bei Tierheimhunden als auch bei Straßenhunden. Agota, Barbara und Marta haben am Nachmittag in einem heruntergekommenen Industrieviertel Straßenhunde eingefangen, was durchaus schon mal zu blutigen Händen führen kann.
Desweiteren habe ich heute 84 Säcke Hundefutter bestellt und anliefern lassen, Material für einen weiteren Zwinger besorgt und die stinkende Bretterbude, in der Anjali + Welpen, sowie Irina + Welpies einepfercht waren eigenhändig niedergrissen und zu Boden getrampelt. Das hat so richtig Spaß gemacht, nur der arme Levente war echt verdattert, dass ich die Ankündigung wirklich wahr gemacht habe. Der Hündin, die wir gestern in unsere “Krankenstation” gesetzt haben, ging es heute schon richtig richtig gut. Sie ist lieb und schmusig.

Samstag, 20. Oktober

Wir müssen uns auf den Heimweg machen. Planung: Abfahrt gegen 10 Uhr. Die Kastra-Aktion geht auch heute noch weiter. Agota hat erstaunlich viele Menschen mobilisiert, die ihre privaten Tiere zur Kastration bringen. Das ist hier ein wichtiger Aspekt, denn auch die privaten Tiere laufen viel freier herum, als das in unseren Städten üblich ist. Und wenn eine Hündin läufig ist, triff sie sehr wahrscheinlich auch einige Verehrer. Und was geschieht dann mit den ungewollten Welpen? Es gibt verschiedene Methoden sie “loszuwerden”, über die ich mich hier nicht auslassen will, aber keine davon taugt etwas. Also bieten wir kostenlose Kastrationen an, auch das ist Tierschutz vor Ort zur Vermeidung von Tierelend. Eine Kastration einer Hündin kostet in Rumänien umgerechnet 25 €, das ist für viele Menschen, vor allem, wenn sie mehrere Tiere haben oder beispielsweise Straßentiere betreuen viel zu teuer. Also helfen wir ihnen. Schließlich verhindert wir so, dass das Tierheim immer voller wird. Geplant und gebaut Ende 2009 war es für max. 60 Hunde, inzwischen haben wir 160 Hunde!

Es ist Samstag vormittag, die Sonne scheint, die Stimmung ist gut und eins kennen die Menschen in Rumänien seit jeher: warten. Da sind sie enorm geduldig. Sie warten darauf, dass ihre Tiere an der Reihe sind.

Die Halsbänder und Leinen sind manchmal etwas abenteuerlich oder martialisch, sie werden nach der OP kommentarlos von uns gegen neue gespendete und tierfreundlichere Halsbänder umgetauscht.

Ein “bisschen” später als geplant, um 14.00 Uhr, schaffen wir dann endlich die Abfahrt und genießen eine schöne Fahrt durch die herbstlichen Karpaten

Montag, 22.Oktober

Seit heute abend 20.30 Uhr bin ich wieder zuhause, zumindest physisch 😉 Wir sind an drei Tagen gefahren, und haben zweimal bei sehr netten Menschen übernachtet. Insgesamt 11 Tage waren wir unterwegs, es war eine sehr intensive Tour, schön und schlimm und anstrengend. Bis wir das alles sortiert haben, wird noch eine Zeit dauern, manches konnten wir anstoßen, bei einigen Dingen haben wir jedoch auf Granit gebissen. Es ist noch ein langer langer Weg, aber zumindest bewegt sich was. 

Wir bedanken uns ganz herzlich bei allen, die uns unterstützt haben und diese Fahrt ermöglicht haben:

Bei Bernhard der uns sein Wohnmobil mit Anhänger wieder zur Verfügung gestellt hat; 
bei Monika, die uns so reichlich mit Proviant versorgt hat, dass er bis zur Rückfahrt ausreichte; 
bei unseren Unterstützerinnen und Unterstützern, die mit großzügigen Geldspenden diese Fahrt ermöglicht haben; 
bei unseren Patinnen und Paten, die es durch ihre regelmäßigen Spenden ermöglichen, Futter für die Hunde zu kaufen und die laufenden Tierarztkosten zu bezahlen; 
bei allen Sponsorinnen und Sponsoren der Kastrationsaktion; 
bei all den lieben Menschen, die mir Pakete mit Medizinischen Artikeln, Futter, Decken, Futternäpfen, Hundetransportboxen, Körbchen, Bettzeug und Handtüchern, Halsbänder, Leinen und Geschirre, sowie Spielzeug für die Hunde und andere dringend benötigte Dinge persönlich gebracht und geschickt haben ….
bei Marta und Stefan, die uns in Gheorgheni tatkräftig unterstützt haben.

Einen ganz besonderen Dank schicke ich auch an die lieben Menschen, die “unsere” Hunde bei sich aufgenommen haben, und sie so wunderbar versorgen.

Als wir dieses Projekt vor knapp einem halben Jahr Ende Mai 2012 begonnen haben, hatten wir durchaus ein flaues Gefühl, 
doch mit so viel Unterstützung wissen wir jetzt, dass es weitergeht, und wir vor Ort etwas erreichen können.

DANKE FÜR EUER VERTRAUEN!

Nachtrag: bei der Kastrationsaktion wurden in drei Tagen 58 Hunde und 6 Katzen kastriert!