2. Besuch im Tierheim in Gheorgheni – als Karpatenstreunerin zu den Karpatenstreunern

28. Juli 2012

Marli und Sammi leben noch. Sie futtern und trinken selbstständig. Heute ist mein letzter Tag hier, Levente wird die Behandlung noch ein paar Tage weiterführen.

Morgens spendiere ich den Junghunden noch ein bisschen Spielzeug, dass ich aus Deutschland mitgebracht hatte. Für die drei Welpen, die mit Marli, Sammi und Paulchen zusammen im “Rattenloch” gehockt hatten, gibt’s ein Spieltau. Sie sind gesund und munter. Agota hatte sie zwei Wochen zuvor winselnd und jammernd in einem Müllcontainer in der Nähe ihres Wohnblocks gefunden. Ein leider “typisches” Hundeschicksal in Rumänien.

Foto: Ágota Jakab

Aber die Hündchen haben den Menschen diese Behandlung nicht verübelt, sie sind zutraulich und verschmust.

Mandy und Miró
Molly
Fleecezergel für die wilde Junghundebande: Suki, Spotty, Gypsy

Gegen 11 werde ich abgeholt, dann wollen wir für die nächsten zweieinhalb Wochen in den Norden in die Berge fahren und wandern. So ist die Planung.

Auch diesmal wieder habe ich versucht, möglichst alle Hunde einmal zu streicheln und von ihnen Fotos zu machen, die vielleicht etwas mehr von ihrem Charakter zeigen, als nur ihre Größe und Fellbeschaffenheit zeigen. Aber um sie wirklich alle kennen zu lernen, war die Zeit zu knapp, man bräuchte Wochen …

Die wilde lebenslustige Hoka
Orias, die langsam auftaut und zutraulich wird.
Das liebe alte Männchen Hollo

Und einige neue – oder mir noch unbekannte – Hunde:

Törpi, ein kleiner freundlicher Rüde, der sich gerne kraulen lässt.

Die Hündin Flecky wurde auf der Straße immer wieder mit Steinen beworfen und verjagt. Sie hat gelernt zu kämpfen und sich gegen andere Hunde durchzusetzen.

Giselle ist eine freundliche Hündin, sie mag Menschen, ohne aufdringlich zu sein und scheint auch mit den anderen Hunden gut klar zu kommen. Bator bedeutet so viel wie Tapfer, den Namen Giselle habe ich ihr gegeben.

Nebenbei habe ich “herausgefunden”, dass mind. zwei Hündinnen gar keine sind: Das dünnere Sommerfell brachte es ans Licht.

Aus Yarima wurde Yarim

Tja, und die Fellina ist ein Fellino. So kann’s gehen.

Am Dienstag, den 31. Juli sind wir schon wieder im Tierheim in Gheorgheni

Geplant war das nicht, doch von lieben Freunden aus Deutschland bekamen wir eine SMS: “Hallo wir sind in Rumänien in der Nähe von GH und würden uns gerne das Tierheim ansehen”. Rein zufällig streunen wir nur rund 100 km von einander entfernt in den Karpaten herum, und zwei Tage später treffen wir uns in Gheorgheni und können neue Freunde und Sponsoren für unser Projekt gewinnen. Dem Zufall und der modernen Kommunikationstechnik sei Dank!

Im Tierheim angekommen heisst meine erste Frage: Wie geht es Marli und Sammi? Es geht ihnen gut, sie sind wieder bei den anderen Welpen. Sammi sieht schon richtig gut aus, er hat mir die ganze Piekserei nicht verübelt, Menschen sind OK, aber der Futternapf ist zur Zeit sein Lieblingsort.

Der kleine Hundemann hat auch sehr viel nachzuholen.

Marli wirkt noch etwas wacklig, kommt aber schnell angetapst und will gekrault werden. Er ist noch viel zu dünn, die riesigen Pfoten und der abgemagerte Körper passen noch nicht richtig zusammen.

Marli auf Monis Arm. Seine großen fragenden Augen und die strubbelige Frisur ….

Gemeinsam schauen wir uns im Tierheim um und ich nutze die Gunst der Stunde, um die Anjali-Welpen mal eben einzeln zu fotografieren. Ich bin glücklich, dass ich hier noch keine Anzeichen von Parvovirose finde. Die kleinen wirken gesund und munter, sie bekommen alle Namen mit “A”, so weiss man später, welche Hunde aus welchem Wurf stammen.

Anschließend verbringen wir noch zwei gemeinsame Abende in der Nähe von Frumoasa an einem wunderbaren Ort, wo die Zeit stehen geblieben scheint.

Hauptgesprächsthema: Wen wundert’s – das Tierheim und wie man dieses ganze Elend ein wenig entschärfen kann. Es fehlt ja nicht nur ständig an Futter, Antiparasitika und Geld für den Tierarzt. Der nächste Winter kommt schon sehr bald und wird lausig kalt. Temperaturen von minus 30°C sind keine Seltenheit. Die Hunde in den äußeren Zwingern sind der Witterung ziemlich ungeschützt ausgesetzt, älterer und schwache Tiere erfrieren. Zum Kampf um das Futter kommen noch Streitigkeiten um die besten, wettergeschützten Schlafplätze. Die Beissereien nehmen zu, ebenso die Verletzungen. Die vorhandenen Hütten reichen nicht aus, oder sind völlig zerbissen und halb vermodert. Deshalb haben Moni und Willi noch eine tolle Summe gespendet, verbunden mit dem Auftrag an Levente, davon geeignete Hütten zu bauen oder bauen zu lassen.

Es ist schön zu wissen, dass wir nicht nur gemeinsame Pläne schmieden, sondern sie sicherlich aus umsetzen werden!

Fernsehen für Hütehunde

Frumoasa, die Schöne

Welche Schönheit hier gemeint ist, weiss ich nicht. Ist es die kleine Ortschaft Frumoasa, rund 35 km südlich von Gheoergheni, der Stausee inmitten einer hügeligen Hochebene, sind es die Enzian-Wiesen oder die dichten Tannenwälder?

Was kümmert’s mich, ich finde es einfach nur wunderschön hier. Eine Landschaft zum”Abhängen”, keine Stromleitungen, kein Mobilfunk, nichts stört hier. Autos sieht man selten, Pferdekarren sind das übliche Fortbewegungsmittel. Sie passen in die Langsamkeit der Landschaft. Das Klackern der Pferdehufe, das Quietschen und Ächzen der Holzkarren ist weithin zu hören. Sonst nichts. Seltsamerweise kaum Vögel. Der Sommer in den Bergen ist nur kurz, noch bis Ende April und ab September dann wieder kann es hier schneien. Die Wiesen gehören im Sommer den Schafen, die mit ihren Hirten täglich vorbeiziehen. Fernsehen für Hütehunde. Die Hunde der Hirten sind freundlich zurückhaltend, schnüffeln gerne mal an meinen läufigen Hündinnen, trollen sich aber schnell wieder, wenn ich dazu komme.

Wir stören hier niemanden. Die Hirten im Herzen des Szeklerland sind wortkarg und gehen uns eher aus dem Weg. Seit vier Jahren schon kommen wir immer wieder hierhin, zum Einfach-nur-da-sein. Von diesem Ort aus wirkt ein Tierheim einfach nur absurd. …