Reisebericht Gheorgheni 29. Juli. – 5. August 2014

Allmählich wird die Zeit knapp. Der Termin zur Schließung unseres Tierheims rückt in bedrohliche Nähe: Der 1. Dezember 2014 ist nur noch 4 Monate entfernt. Nach unserem Mai-Besuch hatten wir eigentlich ein ganz gutes Gefühl gehabt. Wir hatten ein fast geeignetes Gelände etwas ausserhalb von Gheorgheni gefunden (siehe Maibericht), das sicherlich noch einige Investitionen erforderlich machen würde, aber es wäre ein weit besserer Ort für unsere Hunde gewesen, als der jetzige. Für Ende Mai, spätestens Anfang Juni hätte ich erwartet, dass wir wenigstens einen Kostenvoranschlag für zu erwartende Baukosten hätten. Doch leider zog sich das – rumänientypisch – endlos in die Länge. Und letztlich kam dann nur heraus, dass es nicht finanzierbar sei, weil der Bau einer Brücke sehr kostspielig sei. Immer wieder berichtete Agota dann von neuen möglichen Geländen, die zum Kauf stünden. Doch immer sprach dort etwas gegen den Aufbau eines Tierheims. Mal war ein Wohnhaus in Sichtweite, mal eine Kapelle, mal dies, mal jenes. Mal war es zu weit im Ort, mal ausserhalb einer Ortschaft, wo wir nie eine Baugenehmigung erhalten würden. So lernte ich Begriffe wie intravilan und extravilan (innerorts und ausserorts) kennen und wurde in die Geheimnisse rumänischer Bebauungspläne eingeweiht. Die Suche war verzweifelt aber letztendlich erfolglos, der Auszugstermin rückte näher und wir hatten noch viel zu viele Hunde. Doch ich kann die Problematik nachvollziehen: wer will schon ein Tierheim in direkter Nachbarschaft. Der Lärm ist enorm, der Geruch ist unangenehm, vor allem im Sommer, egal wie oft gereinigt wird.
Daher haben Werner und ich beschlossen, selber mitzuhelfen und sind voller Optimismus am 28. Juli nach Gheorgheni gereist.
Morgens und Vormittags, während die Hunde gefüttert und versorgt wurden sind wir im Tierheim oder mit einigen Hunden beim Tierarzt. Matya, die Anfang Mai noch eine relativ kleine Wunde hatte, muss dringend operiert werden, denn aus der Wunde von Anfang Mai ist ein Handteller großer Tumor gewachsen. Keiner hat sich drum gekümmert! Sie liegt mit dem offen “Ding” im Dreck herum. Einige neue Hunde müssen dringend zur Kastration: Luiza wird permanent von Kölyök bestiegen!?
Ferdinand ist entgegen aller Ermahnungen noch dicker geworden und seine schwachen Hüften können ihn kaum mehr tragen. Es gibt immer noch kein Röntgenbild. Warum auch, man kann ja auch so sehen, dass da nichts in Ordnung ist. Und helfen kann man ihm in Rumänien auch nicht.

Matya
Kölyök wird kastriert
Matya ist operiert worden und wir nutzen die restliche Narkose aus, um sie zu scheren
Ferdinands Hüften als Röntgenbild. Femurkopf und Gelenkpfanne passen nicht recht ineinander, woraus starke Schmerzen beim Laufen resultieren können.

Levente und die Arbeiter haben das Haus verlassen müssen, das ist von Starromania renoviert und zu einer schicken Tierarztpraxis umgebaut worden. Allerdings steht es seit Wochen leer? Aber ein großes Schild kündigt Großes an. Unsere ehemalige “Krankenstation” in einem Schuppen haben sich die Männer zum Aufenthaltsort umgebaut. Jetzt im Sommer geht das, im Winter ist das inakzeptabel. Aber improvisieren können sie, die Rumänen, wenn ihnen nichts anderes übrig bleibt.

Das Schlimmste ist, dass wir keinen Behandlungs- oder Quarantäneraum für kranke Hunde mehr haben.

Nachmittags sind wir mit dem Auto unterwegs auf der Suche nach geeignetem Land. Einen Hoffnungsschimmer gibt es, der Bürgermeister der Nachbargemeinde Joseni ist uns wohlgesonnen und hat ein offenes Ohr für unser Anliegen. Agota hatte Mitte Juli schon Vorgespräche geführt. Daraufhin schauen wir uns mehrere zum Verkauf stehende Grundstücke an, doch es gibt immer ein ABER ….

Gleich am 30.7. lernen wir den Bürgermeister von Joseni kennen, der uns ein Gelände am Ortsrand anbietet. Es liegt neben einem Kieswerk wo Beton hergestellt wird, dort würden wir niemanden stören. Es wäre groß genug, ist zwar arg verwildert, aber auch das ließe sich hinbekommen. Immerhin würde er es uns kostenlos zur Verfügung stellen, allerdings nur solange er darüber als Bürgermeister verfügen kann. Nur eine Haken hat die Sache, es liegt in einer Senke, deren Grund arg versumpft ist. Jetzt im relativ trockenen Sommer ist so ein Bächlein ganz nett, aber wie sieht es in regenreicheren Zeiten aus, oder im Frühjahr nach der Schneeschmelze? Das Betonwerk nebenan sei ebenfalls in eine solchen Senke gebaut, sie haben es gerodet, mit Bulldozern geebnet und dann mit viel Kies aufgefüllt. Nun, wenn wir das Gelände kostenlos bekommen, hätten wir ja Geld flüssig für solche Maßnahmen. …. Wir sind weder glücklich noch unglücklich, immerhin ist es eine Option …

Etwas später am selben Abend entdecken wir unser komplett umzäuntes Traumgelände, nur einen Kilometer entfernt in Richtung Ort: Ein verlassenes ausreichend großes ebenes Gelände mit Haus, Brunnen, Stromanschluss, teilweise betonierten Flächen, gekiestem Untergrund usw. steht zum Verkauf für 40,000 €.
Eigentlich viel zu teuer, aber wir hoffen auf positive Verhandlungen mit dem Verkäufer, denn es steht schon lange leer. Früher war hier eine Abfallentsorgungsfirma für Recyclingmüll. Wir sehen noch große Säcke mit Plastikflaschen, Glasscherben rostende Metallteile herumliegen … Alles kein Problem, das ließe sich entsorgen. Zwinger aufbauen, Hütten aufstellen, einziehen, Sorgen los.

Einziger aber nicht unwesentlicher Knackpunkt: Der Bürgermeister und sein Gemeinderat müssen zustimmen.
Freitagabend um 18.00 können wir dort unser Anliegen vorstellen. Wir sind am besagten Freitagabend pünktlich zum angegebenen Termin da, doch die Tür bleibt verschlossen. Es ist ein schöner lauer Sommerabend und man erklärt uns, dass alle Ratsmitglieder jetzt an diesem Wochenende draussen sind, um Heu zu machen.
Nächster Termin ist der kommende Montag, der 4. August.

Unser relativ unbekümmerter Optimismus – schließlich ist ja der Bürgermeister auf unserer Seite – schlägt um in Zweifel je länger wir Zeit haben, über alles nachzudenken und das Für und Wider abzuwägen. Wir haben eigentlich unser Traumgrundstück – fast bezugsfertig – gefunden und sind jetzt nur noch vom Wohlwollen des Gemeinderates abhängig.

Das Wochenende verbringen wir entweder im Tierheim oder fahren in der Umgebung von Gheorgheni herum um nach weiteren Alternativen zu suchen, denn man weiss ja, was der Rat von Joseni am Montag sagen wird…

Das Wetter meint es gut mit uns, wir sind lange bis Sonnenuntergang unterwegs, oder bei den Hunden oder bei Agota und ihren Hunden und Katzen im Garten…

Werner und ich bereiten uns am Sonntag so gründlich wie möglich auf den Ratstermin vor, wir machen Rollenspiele, denken uns alle denkbaren Zweifel aus, die ein Gemeinderatsmitglied gegen ein Tierheim anbringen könnte, und versuchen Antworten und Gegenargumente zu finden. Wir haben uns ein richtiges Konzept ausgedacht, in welche Bahnen wir das Gespräch lenken können.

Doch eins haben wir nicht in Betracht gezogen, den etwa 500 m entfernt gelegenen Friedhof! Und genau daran scheitert unser Vorhaben: Die Angehörigen der dort Begrabenen würden sich in ihrer Trauer vom Gebell der Hunde gestört fühlen. Ausserdem gebe es in der Nähe eine Kantine, in der Arbeiter aus den umliegenden Gewerbegebieten zu Mittag essen. Dagegen haben wir keine Argumente parat, und wir merken, der Ausgang des Gesprächs war schon vorher klar.
Damit ist unser Traum geplatzt.

Der Bürgermeister selber ist sehr freundlich, ich glaube ihm durchaus, dass er vom Rat überstimmt wurde. Er bietet uns weiterhin das Grundstück der Gemeinde an. Levente spricht sich gegen dieses Gelände aus, weil er befürchtet, dass es immer feucht sein wird.