Donnerstag, 24. Oktober
Morgenfreiheit
Auch wenn meine Idee der Freilaufzonen erst mit Verzögerung als positiv erkannt wurde, haben sie sich durchgesetzt, und darüber bin ich richtig glücklich. Im ersten Freilauf leben die Junghunde recht fröhlich und unbeschwert zusammen mit einigen älteren “Aufpassern”, wie z. B. die Schäferhündin Alexa. Der zweite Freilauf wird regelmäßig morgens benutzt, wenn die sehr engen überdachten Zwinger gereinigt werden. Das ist Freude pur für die Hunde! Hier nun einfach kommentarlos ein paar Bilder davon.
Die Türen der Zwinger werden aufgemacht:
auch der Junghundezwinger wird geöffnet:

Diamond und Dunya
Bernie, Yello, Indiana u.a.
Tappancs
Dylan und Bernie
Husky rennt …







Nach einiger Zeit gehen die Hunde freiwillig zurück in ihre sauberen Zwinger
Ich mag sie alle, und sie mögen mich.

Maria und Conny wollen zusammen mit Karcsi und Antonia heute noch nach Oradea zurück. Im Gepäck werden sie etliche Welpen aus Gabriellas Auffangstation haben und die kleine verfilzte Hündin, die gestern noch kastriert wurde. Heute hat sie einen warmen Pullover an und läuft freudig schnüffelnd durch das Gras. Ein Hund wie neugeboren.



Wir sind dankbar, dass sie auch einige unserer Welpen mitnehmen, so haben wir wieder einen Welpenzwinger frei.
Auch heute sind wieder mehrere Menschen da, die mit Engelsgeduld warten, dass ihre Hunde kostenlos vom Kastra-Team operiert werden. Warten gehört zum Leben in Rumänien und wird ganz anders toleriert, als wir im Westen das können.
Inzwischen ist auch der erste neu Zwinger bezugsbereit und die ersten Hunde aus unserer Krankenstation können umziehen.
Der Hüttenbauherr mit Hündin Hope. An Werners Bekleidung sieht man deutlich, wie warm es um die Mittagszeit war, solange die Sonne schien. Frühmorgens, Abends und nachts sanken die Temperaturen unter den Gefrierpunkt.
Die fast blinde, schon etwas ältere Hündin Happy lässt sich auf der neuen Terrasse genüsslich kraulen.
Die Hunde der gesellschaftlichen Aussenseiter
“Why do you call them ‘Roma’? – They are gypsies and that’s it! Why ‘political correctness’?” Ich glaube, es gibt eine Gruppe von Menschen in Rumänien, die von weiten Teilen der Bevölkerung noch mehr verachtet werden als die Straßenhunde. Sie sind überall auf den Straßen präsent, erkennbar an ihren bunten Kleidern, den meist schmuddeligen aber sehr hübschen Kindern, die auf jedem Parkplatz herumlungern und um Lei betteln. Selbst bei gebildeten und toleranten Menschen – egal ob rumänischer oder ungarischer Abstammung – höre ich nur Verachtung für die Tigani (sprich: Tzigan). Schon des öfteren hatte ich mit ihnen oberflächlichen Kontakt. Mir selber haben sie bisher nichts getan, mal abgesehen von ein paar Verfluchungen, an die ich jedoch nicht glaube. Ich kann nicht verstehen, warum sie so leben. Sind sie “so”, weil sie verachtet werden, oder werden sie abgelehnt weil sie “so” sind? Sie ihrerseits verachten die Nicht-Zigeuner.
Zu den Roma-Zigeunern (Versuch eines Kompromisses) gehören immer auch Hunde, natürlich sind die unkastriert. Also sind wir diesmal auch ins Gypsy-Ghetto gefahren, wie Janos es nannte. Für ihn the most horrible place. Da kann man nicht so einfach mal hinfahren. Wir treffen uns zuerst in der Stadt mit einem Kontaktmann, der uns hinführt. Dort spricht Janos mit dem Dorfchef auf der “Hauptstraße”. Ich sollte unbedingt im Auto bleiben, was ich natürlich nicht befolgt habe. Dazu bin ich viel zu neugierig, und Angst habe ich eigentlich auch nicht, solange meine Kamera bei mir ist. Sie hilft mir Kontakt zu den Kindern und Mädchen zu finden.
Der Boss findet die Idee mit der Kastration der Hunde gar nicht gut, auch nicht für fünf Lei pro Hündin. Das ist etwas mehr als ein Euro. Warum? Er will es nicht – basta! Die Leute in einer scheinbar unabhängigen Nebenstraße sind da schon aufgeschlossener. Eine Hündin wird gebracht und das Geld mit ziemlicher Aggressivität eingefordert. Dann kommen Kinder mit einem weiblichen Welpen an. Nee, also dafür gibt’s nur zwei Ron. Sonst haben wir das Auto voller Welpen, die wir ja erst bei uns aufpäppeln müssten, ehe sie operationsbereit sind. Zwei Jungs schleppen eine Hündin herbei – fünf Lei. Kaum haben sie das Geld in den Taschen kommt der Besitzer wutschnaubend angerannt und fordert die Hündin zurück. Der arme Janos beherrscht sich, dass es ihn fast zerreisst und redet mit Engelszungen auf den Besitzer ein. Aber wehe – die Hündin ist morgen nachmittag nicht wieder zurück! Dann … er macht eine sehr eindeutige Geste. Janos will nur raus hier. Nichts wie weg. Morgen, wenn er die Hunde zurückbringt, wird er es mit Polizeibegleitung machen.
Mit einem Auto voller mehr oder weniger erwachsener Hündinnen verlassen wir das Dorf, eine wilde Staubwolke hinter uns herziehend. Warum wir uns diese Mühe gemacht haben? Sehr weit ist das “Gypsy-Ghetto” nicht vom Zentrum der Stadt entfernt. Da wir die Stadt jetzt auf Befehl des Bürgermeisters “leer räumen” müssen, freuen sich die Aussenseiterhunde schon darauf, nachzurücken. Eine never ending story. Und die Hunde können nichts dafür.
Mitten im Zentrum der Stadt auf einer grünen Verkehrsinsel hat es sich ein älterer Rüde gemütlich gemacht. Ich hatte ihn schon auf der Hinfahrt beobachtet. Als wir zurückkommen sammeln wir ihn ganz einfach noch ein.
Freundliche Kontaktaufnahme
Etwas Dosenfutter
Und schon ist sein Schicksal besiegelt.
Freitag, 25. Oktober
Heute ist der letzte Tag der Aktion und die Kastrationen nehmen kein Ende. Irgendwie kommen gerade am letzten Tag immer mehr Privathunde. Zudem müssen noch etliche Hunde aus unserem Tierheim kastriert werden. Aber das ist wohl immer so.
Bis zum Nachmittag ist ein zweiter Zwinger errichtet und Levente hat auch angefangen ein Hundereihenhaus zu bauen. Wir haben inzwischen so viele neue Hunde hier. Und spätestens morgen müssen sie alle irgendwo untergebracht werden. So auch die Mutter mit ihren winzigen Welpen, die gestern eingefangen wurde. Sie kann nun in den Zwinger einziehen, den wir gestern leer gemacht haben.
Eins der Welpen, vielleicht 14 Tage alt?
Jetzt möchte ich noch einige der Neuzugänge vorstellen, die nach und nach auch auf der Homepage beschrieben werden und dann Paten brauchen.
Eisbär, ein freundlicher Rüde , etwa 55 cm groß 1,5 – 2, 5 Jahre jung.
Die Hündin Hope, etwa 45 cm groß, noch sehr jung, ganz lieb und zart
die wunderschöne schwarze Lady, 2-3 Jahre jung, 45 – 50 cm groß, sehr schutz- und liebebedürftig
Hündin Worry, sie wurde mit der Fangstange eingefangen und ist noch traumatisiert von diesem Erlebnis, sie ist mittelgroß und noch nicht einzuschätzen
Taiga, eine Schäferhund-Husky-Mischlingshündin, nicht mehr die Jüngste
Jung, zutraulich, fröhlich: White Socks. Wie man sich denken kann hat er auffallend weiße Füße
Jason “darf ich bitte dein Hund sein?”, noch jung, gut mittelgroß und ein ganz besonders anhänglicher Schatz, der mir regelrecht in die Arme gelaufen ist.
Timi, ca. 1 Jahr jung, mittelgroß, abgemagert und sehr schlechtes Fell, wurde von Eva vonm Tierschutzverein Füles gebracht. Zu Menschen ist er sehr nett, mit Hunden etwas schwierig, da er zu der Zeit noch extrem Testosteron gesteuert war und alles berammeln musste. (Das müsste sich jedoch inzwischen gebessert haben.)
Am fertigen Zwinger: Werner, Attila und Levente
Levente beim Hüttenbau im 2. Zwinger. Die Zwinger werden durch Holzwände voneinander getrennt, damit sich die Hunde nicht immer gegenseitig ankeifen.
Nun wird es langsam Zeit, mich wieder mal von den Hunden zu verabschieden. Bei einigen fällt es besonders schwer, sie zurückzulassen, sei es weil man sie besonders mag oder weil man sich Sorgen um ihre Gesundheit und somit um ihre Zukunft macht. So wie bei dem kleinen verletzten Bingo oder bei Ferdinand, dessen Hüften mir gar nicht gefallen. Bei ihm vermute ich eine schwere Hüftgelenksdysplasie. Noch spielt und tollt er fröhlich herum. …
Aber in einem Jahr, wenn sich Arthrosen bilden. Ob Ferdinand ein Hund für die Vermittlung nach Deutschland ist, kann ich nicht sagen. Es ist ein Menge “Herdenschutzhund” in ihm, er ist freundlich, groß und sehr eigensinnig. Nachdem er im Sommer manchmal recht zickig zu Artgenossen war, konnte ich das diesmal nicht beobachten. Ganz im Gegenteil, er hat mit verschiedensten Hunden gespielt, und ganz besonders mit Dalarna herumgetobt.
Und wieder muss ich “meine” Dalarna zurücklassen. Auch wenn sie für rumänische Verhältnisse im Tierheim-Freilauf ein recht schönes Leben hat, noch viel lieber hätte sie einen Menschen, den sie nicht mit anderen Hunden teilen muss. Sie ist sehr eifersüchtig und territorial. Das macht es leider etwas schwierig den richtigen Platz für sie zu finden. Mach’s gut meine Schöne.
Derweil wird in der Praxis immer noch weiter kastriert, bis fast 10 Uhr abends, damit auch noch die letzten Hunde im Tierheim dran kommen. Razvan hatte sich gewünscht, dass erst alle Hündinnen operiert werden und zum Schluss nur noch Rüden. So war es geplant, nur leider entpuppte sich der letzte Rüde, der seit ein paar Wochen im Tierheim neu ist, dann erstaunlicherweise als Hündin.
Im Stockfinstern musste der Rottweiler Brutus dann noch im Halbschlaf in seine Hütte gebracht werden, denn wenn er wach ist, ist er nicht sehr freundlich. Wir haben ihn in warme Decken eingepackt und ihm einen schicken Mantel angezogen.
Nach einem gemeinsamen Abendessen mit dem Kastra-Team blieb noch gerade Zeit die Koffer zu packen und um halb drei sind wir Richtung Targu Mures zum Flughafen aufgebrochen. Kurz nach acht am Samstag, 26. Oktober, sind wir in Dortmund gelandet, gab’s ein tolles Begrüßungsfrühstück bei Monika.